15.11.2015 Seminarbericht Ostfildern Oktober 2015

Sehgalseminar 9.10. - 11.10.2015 mit Dr. Sanjay Sehgal Tagungs-Hotel Ostfildern von Ursula Willert-Ziegler

Zur Einführung in das Herbstseminar nahm Sanjay Bezug auf Hahnemanns Regel, den Fall nie mit einem antipsorischen Mittel zu beginnen. Damit deckt sich die Sehgalmethode mit der Vorgehensweise in der klassischen Homöopathie, denn in der revolutionierten Homöopathie nach M.L. Sehgal bestätigt sich durch die Berücksichtigung des vorherrschenden Problems genau diese Regel. Für das dominierende Problem bei der ersten Fallaufnahme werden hauptsächlich Mittel wie u.a. Belladonna, Hyoscyamus oder Stramonium verordnet. Damit wird klar, weshalb gerade diese Mittel in der Sehgalmethode zu Beginn häufiger verordnet werden als in der klassischen Methode.

Das Seminar gliederte sich in folgende Themenbereiche:

Unterdrückung oder „Suppression“
bedeutet, etwas wird zurückgehalten wird, das heraus möchte. So können Krankheiten oder Emotionen unterdrückt werden, aber auch in Lebensbereichen wie in der Familie, im Beruf erfolgen Pressionen. Diese „Diktatur“ wird unterschiedlich verarbeitet und so kommt es zu unterschiedlichen körperlichen oder psychischen Erkrankungen. Auf der körperlichen Ebene werden häufig Schmerzen, Hautausschläge, allergische Reaktionen, Fieber oder Mensesbeschwerden unterdrückt. Zu Unterdrückung von Emotionen kann aus Furcht, die Selbstkontrolle zu verlieren, Furcht vor Verlust der Arbeitsstelle, um die gesellschaftliche Position bzw. vor finanziellem Verlust erfolgen. Unterdrückung von Zorn, aus Sorge um die Arbeitsstelle, vor finanziellem Verlust oder die gesellschaftliche Position.

Anamnese
Die Fallaufnahme der Sehgalmethode unterscheidet sich zur Anamnese in der klassischen Homöopathie. Die Technik der Fragestellung ist eine besondere. Es werden nicht nur Symptome abgefragt, sondern mit Empathie versucht der Therapeut, den Geistes- und Gemütszustand des Patienten erfassen. Der Bericht der Patienten wird durch gezielte Interventionen gesteuert, um das eigentliche Problem zu erfassen, so wird gefragt, „was führt Sie zu mir?, wie geraten Sie in so einen Zustand?“ „was unternehmen Sie, damit es Ihnen wieder besser geht, oder die Beschwerden erträglich für Sie werden?“
Neben methodischem Nachfragen gehören eine gute Wahrnehmung von Mimik und Gestik, sowie das Erfassen der Stimmungslage zu einer guten Fallaufnahme. Aussagen und Beobachtungen werden dann in die Rubriken aus dem Kapitel Geist und Gemüt des Repertoriums übersetzt.

Sanjay erarbeitete mit uns verschiedene Mittel sowie Rubriken und Differentialdiagnosen. Lifeanamnesen per Video ermöglichten anschauliche Fallaufnahmen und genaue Patientenbeobachtung. So entwickelten wir ein tieferes Verständnis für die Rubriken, die Arzneimittel und die Verschreibung.

Alumina wurde gleich am Beispiel von mehreren Fällen aus verschiedenen Blickwinkeln erörtert, mit Krankheitsbildern von Asthma, Neurodermitis und starkem Warzenbefall.
„Hast und Eile“, wer denkt dabei schon an Alumina? Die Dualität ist ein Thema von Alumina und zeigt sich in widersprüchlichen Aussagen. So ist er sehr mitteilsam und hat doch Angst beim Sprechen. Wie geht das zusammen?
Querverweise auf Differentialdiagnosen verschiedener Mittel u.a. zu Phosphor, Arsenicum und Sulphur ergänzten das Bild zu diesem Fall.
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Sanjay verwies auf eine Schlüsselrubrik von Alumina „Zuversichtlich abwechselnd mit Schüchternheit.“

Dass man die Rubrik „Religiös“ nicht nur unter dem der Aspekt von Religion verstehen kann sondern dass ein erweitertes Verständnis von Religion auch bedeuten kann, dass jemand etwas zu seiner „Religion“ macht bzw., was alles zur „Religion“ werden kann. Die Ernährung, Gesundheit, Homöopathie, wenn sie fanatisch betrieben werden. Eine Verwirrung entsteht bei Alumina zwischen dem was er beabsichtigt und dem was von ihm erwartet wird. Das führt zu Beschwerden. Soviel zu Alumina.

Carcinosin half einem Jungen mit starker Akne. Die Lifeanamnese verdeutlichte, wie Sanjay mit viel Einfühlungsvermögen das Vertrauen des Jungen gewann, so dass er sich öffnen konnte. Hinter seiner Akne steckte ein Fall von Beschwerden durch Uneinigkeit zwischen den Eltern. „Ich muss herausfinden, was ihm unter die Haut geht“, sagt Sanjay.
Glücklicherweise gibt es für jeden Fall verschiedene Eingangstüren, durch die man einsteigen kann. Sanjay fiel auf, dass er Junge für sein Alter sehr ernsthaft und gleichzeitig sehr kommunikativ war. Seine Demonstration zeigte uns, wie er von den ausgewählten Rubriken zur Mittelwahl kam.

Mit Platina führte er uns vor, wie dieser Patient mit seinen Beschwerden umging. Als einziger Mann in der Familie übernahm er neben der Ernährerrolle, auch die volle häusliche Verantwortung für seine depressive Frau und die ebenfalls psychisch kranke Tochter. Dieser Balanceakt gelang ihm auch geraume Zeit, bis sich bei ihm Beschwerden einstellten. Unwohlsein, Wut, Herzklopfen und Angst vor einem Infarkt führten ihn in die Praxis. Er möchte seine Wut und sein Herzklopfen unter Kontrolle bringen. Die Allopathie wirkt nicht mehr so gut. Deshalb brauche ich zusätzlich Hilfe. Er wollte die allopathische mit der homöopathische Behandlung ergänzen oder sogar ganz ersetzen. Das war die Situation.
Sanjay fragt, was bringt den Patienten zu mir? Von dieser Frage ausgehend entwickelte er das Arzneimittel „Platina“. An welchem Punkt bat er um Hilfe und wie ist die Rubrik „Wahnidee ruft um Hilfe“ in diesem Zusammenhang zu verstehen?

Sozusagen den „krönenden Abschluss“ bildete der Fall eines schwer erkrankten Mannes. „In meinem Körper ist alles kaputt, jedes Teil, es ist voller Service notwendig.“ Die Zähne fielen ihm aus. Mit Gallensteinen, Prostatavergrößerung, Herzerweiterung, Katarakt, vielen Warzen im Gesicht – so kam er in die Praxis. Eigentlich stünden mehrere Operationen an aber er warte auf sein letztes Ticket und das mit einem Lachen im Gesicht. Er hat niemals mit jemandem über sich gesprochen, auch nicht mit seiner Familie.

Hinter dem lachenden Gesicht dieses Mannes verbarg sich etwas sehr ERNSTES, eine große Traurigkeit. „Ich trage eine große Verantwortung, wenn es die nicht gäbe, würde ich gehen. Alles was einem Mann nur passieren kann, ist mir geschehen.“ Er begann sogar von seiner Todessehnsucht zu berichten.
Wir übersetzten die Geistes- und Gemütssymtome in die entsprechenden Rubriken. So entfaltete sich Aurum met.. Mit niederen Potenzen und einmaligen Gaben gelang ihm ein besseres Leben bis zum heutigen Tag. Im nächsten Seminar erfahren wir mehr über den weiteren Verlauf.
Danke Sanjay, für dieses wunderbare Seminar.